Samstag, 19. April 2014

Betörend - Variation von Mohn

Unter Dutzenden, herrlich duftenden und in bunten Farben schillernden Frühlingsblumenblüten in den liebevoll arrangierten Frühbeeten der Blumeninsel Mainau hab ich mir die Schönste ausgeguckt.
Zart, sinnlich, betörend, verführerisch, schnell vergänglich, geheimnisvoll, exotisch, mystisch - das Symbol der Erde für das Schlafen und das Vergessen:

Der Mohn

Aus Variation von Mohn

Wie dort, gewiegt von Westen,
Des Mohnes Blüte glänzt!
Die Blume, die am besten
Des Traumgotts Schläfe kränzt;
Bald purpurhell, als spiele
Der Abendröte Schein,
Bald weiß und bleich, als fiele
Des Mondes Schimmer ein.

Aus Variation von Mohn

Zur Warnung hört ich sagen,
Daß, der im Mohne schlief,
Hinunter ward getragen
In Träume schwer und tief;
Dem Wachen selbst geblieben
Sei irren Wahnes Spur,
Die Nahen und die Lieben
Hält' er für Schemen nur.

Aus Variation von Mohn

In meiner Tage Morgen,
Da lag auch ich einmal,
Von Blumen ganz verborgen,
In einem schönen Tal.
Sie dufteten so milde!
Da ward, ich fühlt es kaum,
Das Leben mir zum Bilde,
Das Wirkliche zum Traum.

Aus Variation von Mohn

Seitdem ist mir beständig,
Als wär es nur so recht,
Mein Bild der Welt lebendig,
Mein Traum nur wahr und echt;
Die Schatten, die ich sehe,
Sie sind wie Sterne klar.
O Mohn der Dichtung! wehe
Ums Haupt mir immerdar!

Ludwig Uhland (1787-1847)


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